Tennis, „Schifoan“ und Musik, Musik, Musik

Tennis, „Schifoan“ und Musik, Musik, Musik

Auf einer gemütlichen Terrasse im Grünen lässt es sich herrlich schnacken. Dieses Mal mit einem Mann, der mich beim ersten Kennenlernen vor Begeisterung sprachlos ließ.

Er erzählt mir gerne seine Geschichte, hat aber seine persönlichen und verständlichen Vorbehalte gegenüber der Veröffentlichung seiner Identität. Nennen wir ihn einfach T.

Was sagen Ihnen die Accessoires, die sie statt eines Portraitfotos sehen? Na? Gut, dazu später, ich habe ihm versprochen, ihn nicht auf das zu reduzieren, was ich als erstes von ihm kennenlernte und mich zu diesem Portrait veranlasst hat.

Seine ersten Jahre verbrachte er im Kinderwagen auf dem Tennisplatz bei seinen sportbegeisterten Eltern. Im zarten Alter von vier Jahren sägte ihm sein Vater kurzerhand einen Tennisschläger ab. So begann Klein-T., bevor er auf irgendwelche anderen Ideen kam, unzählige Bälle „an die Wand zu kloppen“. Eine Tennisvernarrtheit nahm ihren Lauf, die ihn nie verlassen hat und ihm gute Dienste leisten sollte im Leben.

Vier Jahre später kam eine Geige dazu. Von jüngster Kindheit an gewohnt, seinen Vater Bratsche spielen zu hören, hatte sich bei ihm ein absolutes Gehör ausgebildet. Das Grausamste für ihn sind schiefe Töne, doch da sein Rhythmusgefühl um einiges ungenauer ist, wurde er leider nie ein guter Musiker. Sogar das Musikkonservatorium hatte er besucht und hatte einen ersten hervorragenden Lehrer. Da er den Eltern nicht gefiel, musste er zu einer alten Lehrerin mit Dutt wechseln, was aus seiner Sicht das Ende seiner Karriere als Geiger bedeutete, weil sie streng und missmutig war. Einen langen Zopf trug er später zwar selber, jedoch verbarg sich darunter ein um einiges liberalerer Geist.

Mit 12 oder 13 entdeckte er Jimmy Hendrix…eine E-Gitarre musste her! Die Soli versuchte er nach Gehör nachzuspielen. Er spielte Tennis, ging auf den Fußballplatz zum Kicken, alles so neben der Schule. Die Schule, die Lehrer, ach ja, ein Kapitel für sich. Er wusste mit 16, dass er es besser machen würde und wurde tatsächlich Lehrer. Seine größte Motivation war es, sozial benachteiligten Kindern eine echte Chance zu geben. Am Interesse der Schüler anzusetzen und sie dort abzuholen, wo sie standen und nicht über ihre Köpfe hinweg zu unterrichten – das war und ist immer noch sein Ideal. Doch bis dahin sollte es noch schwierig werden, denn seine Eltern verstarben recht früh.

So sollte sich seine Leidenschaft für Tennis und das viele Training bezahlt machen, denn er konnte sich sein Lehramtsstudium als damals jüngster Tennislehrer Hamburgs mit „sooo einer langen Matte“ verdienen (dabei deutet er mir die Länge in Höhe der Brust an). Er unterrichtete Kinder und Erwachsene, – hatte vom Zuhälter bis hin zum Bankdirektor Menschen verschiedenster Gesellschaftsschichten als „Schüler“. Und mit allen saß er nach der Tennisstunde zusammen – und allen hörte er zu.

Doch gab er nicht nur Tennisstunden, denn das war ja nur zum Geldverdienen. Seine Musikbegeisterung stillte er im Onkel Pö und im Logo (für die Jüngeren unter unseren Lesern: die absolut angesagten Musikkneipen Hamburgs in den 1970er und 1980er Jahren). Viele zunächst unbekannte Musiker und Bands legten dort den Grundstein für ihre Karriere. So erlebte er fast alle Musiker und Bands mit, die in Hamburg auftraten, unter anderem Udo Lindenberg bei seiner ersten großen Show mit seinem Panikorchester.

Dort lernt lernte er Otto Waalkes kennen, dessen ersten großen Bühnenauftritt er im CCH vor 3000 Menschen begleitet hatte. Otto brauchte einen Ansager für seine Show – und da kam T. im Onkel Pö gerade recht. Einen Text sollte er vorlesen, die Show anmoderieren:

Was geschieht also? T., das Bühnentier, lässt sich vom Tonmeister kurz vor Beginn durch einen Schlitz im Vorhang zeigen, wie man ein Mikrofon in die Hand nimmt, latscht mit seiner „sooo langen Matte“ und in Jeans gekleidet auf die Bühne, die Arme vor dem Gesicht verschränkt, weil ihn die Scheinwerfer blenden. Das Publikum lacht. Er sagt sein erstes Wort ins Mikrofon, erschrickt vor der Lautstärke seiner Stimme, die Menge johlt. Jetzt fängt er an, mit dem Publikum zu spielen, das begeistert mitgeht und seinen Auftritt für geplant hält. Er liest seinen Text vor mit bayrischem Akzent und entflammt die Zuschauer mit seinen Späßen. Auf Tournee sollte er anschließend mitgehen, doch nööö, es ist März und er bevorzugt es, mit dem AStA (dem Allgemeinen Studentenausschuss) Skilaufen zu gehen…

Jaaa, „Schifoan“, es gibt im Winter nichts Besseres für ihn, nicht einmal eine Tournee. Und Skilaufen geht er heute noch, am liebsten auf Weltcup-Pisten, so oft es ihm nur möglich ist. Und Otto unterstützte er lieber als Komparse bei seinen Shows.

Udo Lindenberg lernte er durch seine Schwester kennen, war oft bei seinen Auftritten dabei und lernte auch die negativen Facetten eines Showlebens kennen. Noch heute schaut er, wenn Udo Proben oder einen Auftritt hat, „mal eben vorbei“ auf einen kurzen oder längeren Schnack.

Aha, nun verstehen Sie, liebe Leser, die Accessoires!

Bei einer jährlichen alternativen, musikkabarettistischen Sitzung im Kölner Karneval, begann er, vor 3000 Zuschauern als Double von Udo Lindenberg aufzutreten. Die Leute flippen bis heute jedes Mal vollkommen aus, halten ihn für den echten Udo. Auch in Hamburg wird er gelegentlich zum Udo, und in dieser Rolle durfte ich ihn auch erleben, bei einer privaten Veranstaltung. Er kann aussehen wie Udo, sich bewegen wie Udo, singen wie Udo und Sprüche klopfen wie Udo. Kurz: ein echtes Genie! Wie er mit einer Harley vorgefahren wurde, heruntersprang und coole Statements abgab, es war einfach spitze!

In seinem alltäglichen Leben möchte er seinen Schülern ein guter Lehrer sein, jedenfalls ein besserer als die, die ihn unterrichtet haben. Momentan hat er eine Grundschulklasse, die er besonders gerne unterrichtet. Er will mit seinen Ansätzen und Methoden die Kinder zu kritischen Erwachsenen machen. Auch wünscht er ihnen, starke Charaktere zu werden, vielleicht auch ein wenig durch seinen Einfluss.

Und einen Traum hat er für sein späteres Leben. Er möchte gerne ins Musikgeschäft einsteigen, vielleicht eine Band managen, einen neuen Musikstil mitentwickeln. Denn er fühlt sich hingezogen zu Theater, Musik und Performance. Großen Musikern bei der Arbeit zuzusehen, die intimen Momente der Musiker, der Musikgestaltung und –komposition mitzuerleben, aber auch selber in seinen Bands E-Gitarre und E-Geige zu spielen oder Udo-Songs zu singen – das ist das Größte für ihn.

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